Eine Rosen-Geschichte


Rosa Westerland im Internet-Rosengarten in Hetzdorf (Uckermark)

Rosa Westerland im Internet-Rosengarten in Hetzdorf (Uckermark)

Nur eine Rose als Stütze (von Johannes Kalbus, Rosengärtner i. UR) „Unser Rosen-Garten zieht viele Besucher an. So auch eine Gruppe von Frauen, die unendliches Leid in ihrem jungen Leben ertragen mussten. Sie suchen und finden Schutz in Frauenhäusern, wo man sich mit ihrer Problematik befasst und aufopfernd bemüht, ihre Leiden zu lindern. Wo findet man wirklich Abstand vom hässlichen Erlebnis? Da, wo man das Schöne sucht und auch an es herangeführt wird. So kam eine Betreuerin, die selbst eine leidenschaftliche Gärtnerin ist, auf die Idee, mit diesen leidgeprüften Frauen im Rosengarten der Familie Kalbus einen Sommernachmittag zu verbringen. Ich führte die Gruppe durch unseren Garten, erzählte von der Entstehung der Rosen und wie sie zu ihren Namen kommen, von Liebesgeschichten, aber auch vom Leid, das man vergessen kann, wenn man sich in das Leben der Rosen hineindenken, ihnen in die „Augen“ sehen und dabei spüren kann, wie sie in aller Schönheit erstrahlen, trotz der Unbill unserer Umwelt, an der wir nicht ganz unschuldig sind. Hier steht sie – die Rose – sie kann nicht weglaufen und lächelt uns an. Eine Frau aus dieser Gruppe, der man das Leid ansah, nahm ich an die Hand, führte sie ganz nahe an die Rosa Sancta heran und erzählte die Geschichte, die sich um ihren Namen rankt: „Schauen Sie sich die Rose genau an, was will sie uns sagen? Kann diese Rose böse Geister abhalten? Lassen Sie sich ruhig Zeit und erleben Sie die Zweisamkeit zwischen sich und der Rose ganz alleine.“ Dann ging ich mit der übrigen Gruppe weiter. Die Betreuerin erzählte mir, dass mir diese Frau nicht antworten könne. „Sie spricht schon sehr lange nicht mehr. Sie hat einfach die Sprache verloren und es kostet alle Mühe, sich mit ihr zu verständigen.“ Die Frauen bedankten sich für die Führung und fuhren gut gelaunt nach Hause. Am Abend kam die Betreuerin und fragte ganz aufgeregt, was ich mit der Frau gemacht hätte. „Sie spricht wieder!“ Aus ihr sprudelten die Worte nur so heraus. Ständig sprach sie von der Rosa Sancta und ob sie wohl eine haben könnte. Nach ein paar Tagen bekam ich einen Brief, in welchem sie sich für die Rosa Sancta bedankte. Sie fügte ein Gedicht bei – das Gedicht von Hilde Domin – und unterstrich die letzten Zeilen, wo es heißt: „Meine Hand greift nach einem Halt und findet nur eine Rose als Stütze“. Wie ich inzwischen erfahren habe, ist diese Frau wieder selbständig und in eine kleine Wohnung gezogen. In ihrem Garten pflanzte sie als Erstes, wie nicht anders zu erwarten, eine Rose. Wenn die Rosa Sancta, die unserem Garten schon sehr Vielen Freude bereitete und dieser Frau half, das Leid zu überwinden, hat es sich gelohnt, die Rose gepflanzt zu haben. Dieses nicht alltägliche Erlebnis veranlasste unsere Tochter Carmen, eine Ausbildung zur Gartentherapeutin zu machen. Auch viele andere Erlebnisse, ob mit den Kindern der Lebenshilfe oder mit Blinden, die die Rosen so zärtlich abtasten, den Duft genussvoll aufnehmen und somit ihr Leid vergessen, bereiten mir große Freude und ich stelle zufrieden fest – es war es wert, Rosengärtner zu werden.“ (diesen Text fand ich  im „Rosenbogen“. Mitteilungen der Gesellschaft Deutscher Rosenfreunde e.V. II/2014 auf Seite 26 f.).

Über stillefinden

dies ist der blog der Kirchgemeinden im Uckerland. verantwortlich: Pfarrer Ulrich Kasparick Hetzdorf 16 17337 Uckerland mail: Hetzdorf@pek.de auch bei facebook: https://www.facebook.com/pages/Kirchen-in-Uckerland
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2 Antworten zu Eine Rosen-Geschichte

  1. Elisabeth Mariam Müller schreibt:

    Ja, ein Garten der Stille, des Gedenkens und des Trostes, dafür steht dieser Garten und es ist gut, dass es ihn gibt.

  2. Pingback: Ein “Rosenblog” und mehr aus dem Uckerland… | Märkisches Licht

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