Post vom International Tracing Service Bad Arolsen


Recherche bedeutet: nicht lockerlassen! Seit etlichen Wochen bin ich nun schon auf der Fährte von Familie Jacoby aus Hetzdorf (Uckermark), weil ich das Schicksal dieser jüdischen Familie möglichst genau recherchieren will. Mein Ziel ist es, dieser Familie einen zunächst virtuellen „Gedenkstein“ zu setzen. Ein realer „Stolperstein“ soll im Herbst diesen Jahres folgen.
So manches konnte ich mittlerweile „ausgraben“. Widersprüche blieben, Unklarheiten. Recherchen in der Staatsbibliothek, im Landeshauptarchiv Potsdam und weitere Zeitzeugengespräche liegen noch vor mir.
Heute kam Post vom International Tracing Service aus Bad Arolsen, wo ich eine Rechercheanfrage gestellt hatte. Danach ergibt sich folgendes Bild:
1. Die Zeitzeugen hatten Recht: Otto Jacoby (ein Bruder von Paul) hat nach dem Krieg noch gelebt. Es gibt einen Brief von ihm vom 10. 10. 1946 an den Suchdienst, in dem er um Auskunft über den Verbleib seiner Familie bittet.
2. Paul Jacoby war tatsächlich 1938 in Sachsenhausen. Und zwar vom 22. November 1938 (unmittelbar nach dem Anschlag auf sein Geschäft) bis zum 17. Dezember. Er wurde am 19. 2. 1943 von Berlin nach Auschwitz deportiert.
Ruth Stöcker, geb. Jacoby3. Ruth Jacoby, verheiratete Stöcker (Foto; Privatarchiv Familie Schmidt, Hetzdorf), kam am 8. November 1943 zusammen mit ihrem Ehemann Herbert und der Tochter Gitta von Berlin nach Auschwitz. Gitta war noch ein Säugling. Man hat Ruth und ihre kleine Tochter Gitta direkt aus dem Krankenhaus nach der Entbindung auf den Transport geschickt……

Herbert Jacoby

Herbert Jacoby

4. Herbert Jacoby (das mittlere von drei Kindern von Paul und Erna Jacoby und Klassenkamerad einer Zeitzeugin, mit der ich kürzlich sprechen konnte), kam zusammen mit seinem Vater Paul am 19.2.1943 von Berlin nach Auschwitz. Er wurde am 20. Februar dort eingeliefert und hatte die Häftlingsnummer 103 856.
Am 29. Januar 1945 wurde er nach Mauthausen überstellt.
Am 16. März 1945 wurde er nach Dachau überstellt.
Am 31. März 1945 ist er gestorben
5. Thea Jacoby (die jüngste Tochter von Paul und Erna, geb. 1930) hatte ihre „erste Einschulung“ zu Ostern 1936 in Hetzdorf und ging ab dem 14. 8. 1939 in Berlin in die 4. Klasse der Volksschule.
Sie wurde zusammen mit ihrem Vater Paul und ihrem Bruder Herbert am 19. Februar 1943 nach Auschwitz deportiert.
6. Gertrud Jacoby (geb. 1922, eine Tochter von Pauls Bruder Martin) wurde am 25. Januar 1942 nach Riga deportiert und am 1. November 1941 zum Ghetto Litzmannstadt überstellt. (hier gibt es noch Unklarheiten, vermutlich war sie zunächst in Litzmannstadt und dann in Riga. Sie starb am 9.5.1942 in Kulmhof (Chelmno).
7. Martin Jacoby (ein Bruder von Paul) (Ehefrau Bertha, geb. Köller, Sohn: Heinz Wolfgang * 20.1.1936) wurde am 1.11.1941 nach Lodz deportiert und am 10.5.1942 überstellt (Ort nicht angegeben). Hier gibt es eine Notiz auf einer Karteikarte, wonach er am 1.11.1941 nach Minsk gebracht worden sein soll. In einer anderen Quelle habe ich gefunden, dass er am 9.5.1942 von Lodz nach Kulmhof (Chelmno) gekommen sein soll, wo er gemeinsam mit seiner Tochter Gertrud starb.
8. Rosa Hoffmann, geb. Jacoby (eine Schwester von Paul) wurde am 19. 10. 1942 nach Riga deportiert. (von diesem Transport weiß man, dass alle Insassen des Transportes Nr. 21 bei ihrer Ankunft gleich auf dem Bahnhof erschossen wurden).

Ich habe in den zurückliegenden Tagen das Buch von Elie Wiesel „Die Nacht“ gelesen. Darin beschreibt er, wie er, damals 15-jährig (wie Herbert Jacoby), gemeinsam mit seinem Vater in Auschwitz-Birkenau ankam. Wir haben also eine ziemlich präzise Vorstellung davon, wie es Vater Paul mit Sohn Herbert und Tochter Thea zumute gewesen sein mag, als sie am 20. Februar 1943 in Auschwitz ankamen……

Über stillefinden

dies ist der blog der Kirchgemeinden im Uckerland. verantwortlich: Pfarrer Ulrich Kasparick Hetzdorf 16 17337 Uckerland mail: Hetzdorf@pek.de auch bei facebook: https://www.facebook.com/pages/Kirchen-in-Uckerland
Dieser Beitrag wurde unter Familie Jacoby Hetzdorf abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu Post vom International Tracing Service Bad Arolsen

  1. Elisabeth Mariam Müller schreibt:

    Hat dies auf Elisabethmariam's Weblog rebloggt.

Hinterlasse einen Kommentar